"Tanz macht
Schule" - Erfahrungsbericht

Frage: Was muß man tun, um bei Tanz und
Schule mitmachen zu können? Muß man sich dafür bewerben
oder wird man ausgewählt?
„Wir gehören zum größten Teil zu einer festen
Tanzgruppe. Im letzten Jahr gab es einen Workshop an unserer Schule, an
dem einige aus unserer Gruppe teilgenommen haben. Da konnte man die
Arbeit mit Alan ausprobieren. Aber bei diesem Projekt machen vor allem
Leute aus unserem Kurs mit. Es gibt nämlich an unserer Schule den
Wahlkurs Tanzen, und wenn man in diesem Kurs ist, kann man automatisch
am Projekt teilnehmen. Aber in unserem Kurs sind keine Jungs...“
„Es gab ein paar – so wie mich – die nicht in der normalen Tanzgruppe
sind. Ich habe mich einfach so für das Projekt interessiert, weil
ich es gut finde, dass man hier die Möglichkeit bekommt, mit
Profitänzern Erfahrung zu sammeln – und das sogar umsonst! Ich
habe früher Ballettunterricht gehabt und tanze schon ziemlich
lange. Tanzen macht einfach Spaß, und da ich schon länger
keinen Unterricht mehr habe, habe ich einfach Lust bekommen, wieder
einmal etwas in dieser Richtung zu machen.“
„Die Jungs mussten sich aber nicht in irgendeiner Weise bewerben, um
bei dem Projekt mitmachen zu können. Alan ist zu ihnen in den
Sportunterricht gekommen und hat Werbung gemacht.“
„Und als sich dann einige Jungs gemeldet haben, haben die anderen aus
dem Kurs erst einmal sehr gelacht - ‘Ihr macht das ja doch nicht!’ –
aber im Mai werden sich dann alle wundern!“
Frage: Wann habt ihr angefangen zu proben?
„Wir haben am Anfang des Schuljahres mit den Proben begonnen.
Zunächst sollten wir uns zu den einzelnen Stücken selber ein
Konzept überlegen, z.B. was für ein Thema damit
ausgedrückt werden könnte. In der ersten Stunde haben wir uns
alle Stücke angehört und geschaut, welche Einfälle wir
spontan dazu hatten. Uns sind sehr verschiedene Dinge eingefallen, z.B.
auch Farben. In den nächsten Stunden hat Alan mit uns Übungen
gemacht, das Aufwärmen, das Rennen und solche Dinge.“
Frage: Haben die Choreographien ein bestimmtes Thema?
„Alle, die in die Vorstellung kommen, erwarten wahrscheinlich, dass die
Profitänzer 75 Prozent und wir als Schüler nur kleinere
Passagen tanzen. Ich glaube, dass die Choreographien so wirken sollen,
als ob wir genauso viel leisten wie die Profitänzer. Und das tun
wir ja auch!“
„Als Alan das erste Mal bei uns in der Schule war, hat er uns
erzählt, dass das Stück gewissermaßen einen Kampf
zwischen den Profitänzern und den Pestalozzi-Schülern
darstellt, den wir am Ende gewinnen. Wir bleiben am Schluß des
Stückes übrig, und die Profis müssen von der Bühne
gehen.“
Frage: Habt ihr bestimmte Vorstellungen oder Bilder im Kopf,
während ihr tanzt?
„Die Energie ist mir beim Tanzen ganz wichtig. Das hat Alan uns
beigebracht. Er selbst kann das super rüberbringen. Man sieht ihm
an, dass da so richtig Energie drinsteckt, und diese Art von Energie
ist auch eine Art der Kommunikation, denke ich. Die Energie und die
Konzentration finde ich beim Tanzen ganz wichtig, und das versuche ich
immer in meinen Tanz zu legen.“
„Ich finde es super, dass niemand von uns verlangt, dass wir so tanzen,
wie man sich normalerweise Ballett vorstellt. Wir müssen uns nicht
in besonderer Weise dehnen oder z.B. einen Spagat machen können.
Es sind einfach Power und innere Ausstrahlung, die zählen.“
„Es soll nicht alles einfach nur schön aussehen und
tänzerisch sein, sondern Kraft muss immer spürbar sein. Ich
glaube, Alan will uns vor allem Selbstvertrauen beibringen, dass man
nicht immer denkt, wie sehe ich gerade aus, sind die Haare in
Ordnung... das alles wird Nebensache.“
„Ich kann nur sagen: Nach diesen Trainings geht man mit einem
Selbstbewusstsein nach Hause, das ist kaum zu beschreiben! Ich bin dann
immer am Singen und am lachen, und ja – mir geht’s dann so richtig gut!“
„Obwohl man manchmal auch ganz schön fertig ist...“
„Ja, aber das kommt eigentlich erst am nächsten Morgen. Da
spürt man auf einmal den Muskelkater und findet ein paar blaue
Flecken, die man am Abend vorher gar nicht gespürt hat.“
„Bei den Proben erklärt Alan uns oft, was für ein Gefühl
unsere Bewegungen ausdrücken sollen. Wenn man weiß, dass
etwas z.B. zärtlich oder aber wütend aussehen soll, dann
denkt man beim Tanzen oft an entsprechende Situationen, die man schon
erlebt hat. Und darüber vergisst man leider oft die Choreographie.“
„Ja, das ist manchmal ein Problem. Man ist dann so darauf konzentriert,
sich schön und ausdrucksstark zu bewegen, dass man völlig
vergisst, was man als nächstes machen muss.“
„Bei solch einer richtigen Choreographie ist es auch schwer mit dem
Zählen. Man muß immer darauf achten, dass man seine
Bewegungen genau zum richtigen Zeitpunkt macht. Das ist manchmal
ziemlich kompliziert, besonders in den Proben mit den
Profitänzern, weil da erst einmal alles ganz fremd wirkt.“
Frage: Wie ist denn die Arbeit mit den Profitänzern?
„Am Anfang waren wir schon aufgeregt. Ich war vor allem bei der Stelle
in der Choreographie, wo wir uns wie Efeu um die Tänzer ranken
sollen, sehr nervös. Aber dann hat die Stelle eigentlich sehr viel
Spaß gemacht, und als mein Tanzpartner mich hochgehoben hat – ich
dachte noch, mein Gott, wie will der das bloß schaffen – war
alles ganz leicht: Bis du auf einmal wieder Boden unter den
Füßen hast, ohne genau sagen zu können, wie das alles
funktioniert hat. Es ist alles viel einfacher, als man denkt.“
„Wenn man vor den Profis tanzen soll, hat man zunächst schon ein
bisschen Angst. Wir tanzen alle kurze Soli, und ich anfangs ziemlich
schüchtern, als mir all die Tänzer dabei zugesehen haben.“
„Mir ist aufgefallen, dass ich eine halbe Stunde vor jedem Training ein
bisschen aufgeregt bin. Aber wenn ich eine Viertelstunde getanzt habe,
ist das alles vergessen.“
„Wirklich? Ich bin eigentlich nur aufgeregt, wenn ich allein tanzen
soll. Man braucht sehr viel Konzentration, wenn der Choreograph mit
einem alleine probt und alle anderen dabei zusehen!“
„Aber an diese Situation gewöhnt man sich ganz schnell. Als wir
zum ersten Mal mit den Tänzern geprobt haben, hatte ich ein
bisschen Sorge, dass sie vielleicht als Profis auf uns herabblicken,
aber wir haben uns von Anfang an super verstanden!“
„Also ich finde die alle unheimlich nett!“
„Alan sagt uns immer, dass wir uns stark fühlen sollen. Und wenn
man sich das immer wieder vorsagt, dann ist man auch nicht mehr
aufgeregt.“
„Es gibt einige Dinge, die Alan in den Proben immer wiederholt und die
ihm in unserem Tanz besonders wichtig sind, zum Beispiel „klar“ oder
„Kraft“... oder auch „Kaugummi“ (grinst)!“
Frage: Die wievielte Probe mit den Tänzern habt ihr gerade gehabt?
„Das war gerade die zweite gemeinsame Probe mit den Tänzern. Davor
haben wir aber schon alleine geprobt, allerdings weniger die
eigentliche Choreographie, sondern eher das Aufwärmen und einige
Tanztechniken. Alan hat uns bei diesen Proben die Grundlage für
die Arbeit mit den Tänzern gegeben.“
Frage: Gibt es auch Improvisationselemente in der Choreographie?
„Ja, jeder von uns tanzt ein kleines Solo, und das ist improvisiert.“
„Wir müssen uns die Soli selber ausdenken. Wir bekommen zwar eine
Vorgabe, z.B. dass in dem Solo ein Sprung, eine Drehung und etwas am
Boden vorkommen soll, aber wir müssen uns selbst überlegen,
wie wir das genau ausführen wollen und wie wir die Elemente
zusammenbauen.“
„Aber es ist keine Improvisation im eigentlichen Sinne: Wir denken uns
die Soli zwar selber aus, aber dann tanzen wir immer die gleichen
Bewegungen.“
Frage: Habt ihr für euch selbst bei diesem Projekt etwas gelernt?
„Ja, auf jeden Fall: Man bekommt sehr viel Selbstbewusstsein!“
„Man bewegt sich unheimlich viel. Ich habe jeden Tag Muskelkater, aber
das nehme ich gerne in Kauf, weil ich ansonsten den Tag über in
der Schule sitze und mich gar nicht bewege!“
„Das finde ich auch! Im letzten Jahr habe ich im Prinzip gar keinen
Sport gemacht, und jetzt merke ich besonders, wie gut das eigentlich
tut!“
„Wir haben in der Schule noch eine andere Tanzgruppe, mit der wir oft
bei Wettbewerben mitgemacht haben. In letzter Zeit ist das aber etwas
weniger geworden, und darum ist es jetzt besonders schön, sich mal
wieder richtig auspowern zu können. Dann ist man gleich viel
besser drauf. Sonst ist man oft den ganzen Tag über müde,
aber wenn man hier tanzt, dann fühlt man sich auf einmal wieder
lebendig.“
„Ich glaube, dass wir auch durch die Aufführungen für uns
selbst sehr viel mitnehmen werden. Klar, wir alle werden vorher sehr
aufgeregt sein, aber das wird sich mit der Zeit bestimmt legen. Ich
denke, es ist sehr wichtig zu lernen, wie man mit Nervosität und
Lampenfieber umgeht.“
Frage: Demnach überwiegt der Spaßfaktor den Streß?
Ja, auf alle Fälle!
Das Gespräch führte Judith Altmann
(Praktikantin der Dramaturgie) mit Schülern des
Pestalozzi-Gymnasiums:
Elisa Dell
Marlene Etzel
Charlotte Langer
Isabell Zydun
Paul Schopf
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